Die Ausgangssituation
Blindheit schränkt die Mobilität ein. Dies ist jedoch lediglich auf eine Informationseinschränkung zurückzuführen und kann durch richtiges Informationsmanagement weitestgehend ausgeglichen werden. Ein großer Teil des Informationsdefizits kann durch eine autonome Positionierung und Navigation von Personen mit Sehbeeinträchtigung sowie der Information bezüglich Position und Route der öffentlichen Verkehrsmittel aufgehoben werden.
Kommerzielle Navigationssysteme erreichen jedoch bei weitem nicht die erforderliche Genauigkeit für eine sichere Navigation von blinden Personen ohne weitere Assistenz. Im Außenbereich existieren dank GNSS bereits Methoden, welche die benötigte Genauigkeit erreichen können. Gerade außerhalb der Reichweite von GNSS existiert jedoch kein System, welches Daten des öffentlichen Verkehrs mit zuverlässiger Personennavigation in einer blindengerechten Anwendung vereint
Unser Ziel
Ziel des Projekts „INK 2016“ ist es, eine solche Anwendung aus teilweise in Vorprojekten entwickelten Modulen für den mobilen Massenmarkt zu erstellen, welche weitgehend unabhängig von baulichen Gegebenheiten und vorhandener Infrastruktur arbeitet und international einsetzbar ist.
Das Projekt
Über ein sehbehindertengerechtes Interface soll es blinden Menschen ermöglicht werden, eigenständig und sicher öffentliche Nahverkehrsmittel zu benutzen und sich in komplexen Umsteigebauwerken zu orientieren. Hierzu bietet das System neben der Echtzeit-Fahrzeugkommunikation und der genauen Positionierung und Zielführung auch die Möglichkeit, gezielt bei Bedarf zusätzliche Navigationshilfe zu beziehen. Über das Modul „Hilfe anfordern“ können per Videotelefonie entweder persönlich bekannte oder professionell geschulte Helferinnen und Helfer angerufen werden, die sodann über die Kamera des Smartphones (oder sonstiger Endgeräte wie z.B. Google Glass) aus der Perspektive der blinden Person dedizierte Navigationsanweisungen geben können. Zur besseren Orientierung werden auch die aktuelle Position und die geplante Route übermittelt.
Zusätzlich kann im Bedarfsfall ein solches Gespräch durch spezielle Software in nahezu Echtzeit in beliebige andere Sprachen übersetzt werden, wodurch die Anwendung auch für fremdsprachige Nutzerinnen und Nutzer in vollem Umfang zur Verfügung steht.
Parallel zur Navigation der blinden Person erhalten auch Lenkerinnen und Lenker der öffentlichen Verkehrsmittel eine entsprechende Nachricht auf ihrem Bordcomputer, falls eine blinde Person den Zu- bzw. Ausstieg beabsichtigt. Auf diese Weise können die Lenkerinnen und Lenker auf eine bedürftige Person Rücksicht nehmen, die sie andernfalls möglicherweise übersehen würden.
Aufgrund der Funktionsvielfalt des Systems erweitert sich dessen Zielgruppe noch zusätzlich um ältere Menschen (z.B. Demenzkranke oder allgemein unsichere Personen), ortsunkundige Touristinnen und Touristen und sogar Gehörlose, und verschafft diesen Menschen Sicherheit bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Das System wurde ansatzweise bereits im Rahmen von Vorprojekten getestet, jedoch ist die barrierefreie Verknüpfung mit der Routingauskunft und die Implementierung des Moduls „Hilfe anfordern“ bislang nicht gelöst und Gegenstand dieses Forschungsprojektes.
Der Fördergeber
FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft); Mobilität der Zukunft, Mobilität der Zukunft, MdZ - 6. Ausschreibung (2015)
Die Projektpartner
- Technische Universität Graz – Institut für Geodäsie (Projektkoordinator)
- FH JOHANNEUM GmbH – Energie, Verkehrs- und Umweltmanagement
- c.c.com-Anderson & Moser GmbH
- INIT invoation in travic systems GmbH
- TAF mobile GmbH
- Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs
- Holding Graz - Kommunale Dienstleistungen GmbH
- Karl-Franzens Universität – Zentrum Integriert Studieren
- Odilien-Institut Verein zur Förderung und Betreuung Sehbehinderter und Blinder Steiermarks